Captain We’re Sinking – The king of no man (LP)

CAPTAIN WE’RE SINKING? Wer ist das denn?

Feinster Emo/Punk/Post-Hardcore (und Ähnliches) aus den Staaten. Nennt es wie ihr wollt, die vier Jungs aus Philadelphia beherrschen ihr Gitarren-Handwerk durch und durch. Warum ihr die dann als Nicht-Szene-Kundige nicht kennt? Vermutlich, weil es von dieser Art an Musik vor allem in den Staaten mehr als nur eine Handvoll gibt. Eine etwas Bekanntere davon hängt dafür in relativ enger Art und Weise mit Captain We’re Sinking zusammen. So ist Frontmann Bobby Barnett nicht nur metaphorisch verbrüdert mit Greg von The Menzingers und geht seit nunmehr einem Jahrzehnt den selben Weg wie sein Bruderherz. Musikalisch gibt’s da auch die ein oder anderen Parallelen. Nun steht auf jeden Fall mit „The king of no man“ die dritte Platte von Captain We’re Sinking in den cooleren Plattenregalen der Welt.

Was bietet „The king of no man“ für einen Sound?

Das scheint wohl ein ziemlich legendäres Vorgängeralbum gewesen zu sein, in das ich mich im Zuge dieser Neuentdeckung und Rezension kurz reingehört habe. Die aggressive und jugendliche Post-Hardcore-Scheibe mit dem plakativen Titel „The future is cancelled“ hat scheinbar seinen Status und dient als schwer zu toppende Referenz für die neue Platte „The king of no man“. Im Vergleich zum Vorgänger ist dieses indirekter, angenehmer zu hören und insgesamt melodischer – alles natürlich auf die Punk- und Hardcore-Ecke bezogen. Das Quartett zeigt die verschiedenen Anhaltspunkte, für die jene Genres größtenteils stehen. Da gibt es mal kleine Musik- und Gesangausbrüche wie im energischen „Don’t show Bill“, sehr melodische Emo-Gitarren wie in „Cannonless“ sowie klare, einprägsame Riffs wie in „Water“. Nur in Ausnahmen wird dauerhaft auf die Tube gehauen („Smash 2“). Selbst dann bleiben Captain We’re Sinking dank Bobbys klarem Stimmchen auch für Nicht-Erprobte leicht hörbar – im positivsten Sinne.

Wer sind die Menschen, die so eine Musik produzieren?

Auf jeden Fall andere Gestalten als noch vor wenigen Jahren. Inzwischen in ihren End-Zwanzigern angekommen, sind die vier Jungs nach eigener Aussage mal ein wenig runtergekommen in ihrem Leben – allen voran Bandleader Bobby. In den (trink-)intensiven, jugendlichen Jahren (die Band wurde zu High-School-Zeiten gegründet) lief wohl trotz des genialen Outputs so einiges nicht ideal, sodass Captain We’re Sinking häufig den internen Running-Joke der „Alles-geht-schief“-Band pflegten und nach Touren immer wieder überlegten, ob sie sich den Quatsch wirklich antun sollen. Ja, sollen sie. Bobby tut dies nun aber in einer neuen Lebenssituation. Nach seinem abgeschlossenen Studium arbeitet der Sänger unter der Woche als Geschichtslehrer in Philadelphia und nutzt die langen Sommerferien zum Touren. Auch ein Lebensentwurf. Jener Entwicklung zu einem „normaleren“ Leben sind auch die zurückgenommeren Töne im Titeltrack oder „Hunting trip“ zu verdanken.

Was sind die großen Momente auf „The king of no man“?

Mit der Vorabsingle und dem Album-Opener „Trying year“ bewerben sich Captain We’re Sinking prominent auf den Titel des alternativen Rock-Sommerhits – jetzt offiziell ausgeschrieben. Der Kracher beginnt schnörkellos mit einem quirligen Gitarrenriff und windet sich anschließend durch eine energische und optimistische Strophe, die teilweise an den frühen Output von Incubus erinnert (endlich mal bekanntes Namedropping). Im Refrain singt Bobby vom Moment, an dem sich große Dinge ändern und man sich ein bisschen lächelnd fragen muss, was eben jetzt kommt. Kleine Prophezeiung: Nicht nur aufgrund seines Themas wird jenes Stück am Ende des Jahres den ein oder anderen persönlichen Sampler zieren. In „Books“ geht es temporeich mit einem schönen Zusammenspiel von cleanen und verzerrten, zackigen Gitarren weiter. Dass ihnen die sanften Töne gut stehen, beweisen Captain We’re Sinking im traumhaften „Hunting trip“, welches mit smoother Percussion und hypnotisierenden American-Football-Gitarren überzeugt.

Wann sollte ich „The king of no man“ am besten auflegen?

Aufgrund des leichten Zugangs lässt sich „The king is no man“ durchaus vielseitig ansetzen, was besonders schön ist, da es trotzdem das Lebensgefühl eines Albums aus der Punk-Ecke besitzt. Gleichzeitig lullt es nicht so ein und wird zum Stimmungskiller wie vergleichbare Emo-Werke. Der Klassiker wäre jetzt, hier den obligatorischen Cabrio-Roadtrip durch das amerikanische Hinterland vorzuschlagen. Heute aber mal die Economy-Version davon: Fenster auf, Sonnenstrahlen reinlassen und mit „The king of no man“ mal ein wenig die Nachbarn und den Rest der Straße beglücken.

Von jenen Qualitäten könnt ihr euch mit „Trying year“ auch im aktuellen that new music mix, am Ende dieser Seite, freuen.

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